Als die Osterbrücker Bayern waren
SZ Serie Heimatkundliche Ortsporträts
Das Dorf im Ostertal feiert sein 850-jähriges Bestehen
Sein 850-jähriges Bestehen feiert Osterbrücken an diesem August-Wochenende. Da lohnt sich ein Blick in die Geschichte, die offiziell im Jahr 1152 mit einer Urkunde von König Friedrich an ein Kloster begann.
"Die Schule umgehend in den Häusern zu halten, dazu will er sich nicht verstehen, weil er zu blöde ist, und jeder Bauer, in dessen Haus er Schule halten muss, bringt etwas gegen ihn an. So oft ich ihn singen ließ, fand ich meine Ohren dermaßen beleidigt, dass ich ihn aufhören lassen musste, ehe er geendigt hatte. Im Rechnen habe ich ihn heute examiniert und dermaßen schlecht gefunden, dass er kaum für einen Anfänger gehalten werden kann. Zahlen ausprechen und Zusammenziehen ist seine ganze Kunst. Beim Abziehen weiß er nicht, wo er lehnen soll, ob oben oder unten. Dividieren getraut er sich gar nicht. Ich glaube, dass die Osterbrücker nicht eher ruhen, als bis sie ihn fortgebracht haben. Da sie größtenteils gut stehen, könnten sie auch wohl jemand halten, der mehr Schulwissenschaft besitzt."
Dieses vernichtende Urteil schrieb Pfarrer Bronett im Jahre 1768. Über den aus Selchenbach stammenden Osterbrücker Lehrer Jakob Durst an das Oberkonsistorium. Acht Jahre lang hatten sich die Kinder und auch ihre Eltern mit dem offenbar mageren Wissen des Magisters herumschlagen müssen, bis er durch Johann Jakob Rindt aus Niederkirchen ersetzt wurde. Damals gab es nur eine Winterschule, die sich erst im 19 Jahrhundert zur heutigen Schulform mauserte.
Wenn das Dorf nun an Dorf nun an diesem Wochenende vom 9. bis 11 August seinen 850ten Geburtstag feiert, so geht diese runde Zahl auf die Ersterwähnung im Jahre 1152, als es "Brucca" genannt wurde. Unschwer ist die Deutung auf eine über die Oster führende Brücke zurückzuführen. 1364 heißt der Ort erstmals "Brücken" und ab dem Jare 1609 "Osterbrücken". Dass sich ein Ortsname 400 Jahre lang unverändert hält, dürfte recht selten sein, vergleicht man die Geschichte der Dörfer im Kreisgebiet St. Wendel.
Osterbrücken gehörte zum sog. Königreich. In dem besagten Jahr 1152 bestätigt König Friedrich der Erste dem Remigiuskloster zu Reims den Hof Kusel mit all seinem Beisitz und in der Grafschaft Kiriberch das Dorf Osterbrücken. Danach wurde der Ort als Bestandteil des dem Remigiuskloster gehörenden Hofes mehrfach benannt. Es war im Gegensatz zu den anderen Orten des Kuseler Hofes nicht von der Gerichtsbarkeit der Nahegaugrafen befreit. 1256 wurde Osterbrücken an die Grafschaft Veldenz verkauft und kam im Jahre 1444 zu Pfalz-Zweibrücken. Dmit gehörte es zum Oberamt Lichtenberg und zur Schultheißerei Konken. 1801 bemächtigte sich Frankreich des Dorfes, was die Zugehörigkeit zum Kanton Kusel mit sich brachte. Nach kurzem Wechsel zum Kanton St. Wendel wurde das Dorf Osterbrücken 1816 erneut Kusel zugeschlagen, das zwischenzeitlich zu Bayern gehörte. Ab 1947 war dann das Saarland für die Osterbrücker die neue Heimat.
Oberhalb des Dorfes lag im Mittelalter die Siedlung Bindersweiler, die um 1501 einging. An der gleichen Stelle wurde im 18. Jahrhundert ein Hof mit Namen "Bittersweiler" erbaut, der Afang des 19. Jahrhunderts parzelliert wurde. Die Hofgebäude existieren schon lange nicht mehr. Unterhalb von Osterbrücken lag im 15. und 16 Jahrhundert eine Siedlung, die sich "Worschweiler" nannte. 1440 ist sie in Urkunden als "Wertzweiler" und 1588 als "Warzweiler" aufgeführt. In Flurnamen "Worschweiler" bleibt die Erinnerung an diese Siedlung daran erhalten.
Etwa mitte des 18. Jahrhunderts wurde auf dem Bann der untergegangenen Siedlung Worschweiler eine Mühle errichtet, die sich "Neumühle" nannte. Der Besitzer übertrug den Betrieb an Lehensleute, von denen zwischen 1767 und 1786 fünf Namen bekannt sind.
Osterbrücken darf für sich in Anspruch nehmen, dass auf seinem Bann im Jahre 1934 der Bau der Ostertalbahn begann. Nach der Einweihung der Strecke war das Dorf verkehrsmäßig an "die große weite Welt" angebunden. Für heutige Vorstellungen ist es unglaublich, dass Reisende beispielsweise im Jahre 1939 von Osterbrücken aus um 23:15 Uhr oder um 01:33 Uhr mit dem Zug nach Kusel fahren konnten, also mitten in der Nacht.
So wie der Brief des eingangs erwähnten Pfarrers Bonnett über den Lehrer Durst der Nachwelt erhalten ist, gab es um die gleiche Zeit auch in den Kirchenbüchern Niederschriften, über die man heute nur den Kopf schütteln kann. In den alten Folianten ist z.B. eingetragen, dass sich die Katharina Born aus Osterbrücken in Ottweiler "von einem ledigen Menschen aus Breitenbach schwängern ließ" und Privatkirchenbuße tun musste. Und die Maria Agnes Spengler wurde dem Oberamt gemeldet, weil sie 1771 unehelich niedergekommen ist. Bei allem Unverständnis für die damalige "Bearbeitung" solcher Vorkommnisse haben diese schriftlichen Überlieferungen doch eines gemeinsam: Man kann in den heutigen Tagen ausnahmslos über sie schmunzeln und sich darüber wundern, wie sich die Zeiten doch inzwischen ganz schön geändert haben.
GTR, Quelle: Saarbrücker Zeitung vom 07.08.2002